Donnerstag, 31. Mai 2012

Gegen Hetze, Diffamierung und Verleumdung

Der "sachliche" PolitBlog Politically Incorrect (PI) ist schon länger als rechter Meinungs- und Scharfmacher bekannt, wie mensch unschwer auf den Seiten des Politbloggers feststellen kann. Wäre des Thema nicht so ernst könnte der RSS-Feed dieser Seite (ich meine jetzt Politblogger) ein schönes Anschauungsbeispiel für domestizierte menschliche Dummheit in bester realsatirischer Reinkultur sein. Leider meinen die Leute auf PI es aber ernst. Teilweise todernst.

Kein Wunder, dass die rechten Armleuchter sich auch in die wieder aufkeimende Sarrazin-Debatte einmischen. Kaum einer lässt lässt ein gutes Haar an ihn -- zum Beispiel Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau oder Hans-Jürgen Jakobs in der Süddeutschen --, doch die rechten Hetzer von PI haben ein anderes Opfer gefunden. Im Gegensatz zu von Heusinger und Jakobs ist Mely Kiyak weiblich und deutsch-kurdische Abstammung.

Kiyak ist schon länger im Visier von PI und hat die Erfahrungen der gegen sie gerichteten Hetze in einem Artikel zusammengefast. In der aktuellen Sarrazin-Debatte ist sie auch wieder vertreten -- und wird von der rechten Seite scharf angegriffen.

Grund dafür ist ein Kommentar, der in der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau erschienen und in dem sie Sarrazin als "lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur" (an dieser Stelle sei auf Wikipedia verwiesen, weil der Kommentar online derzeit nicht aufzufinden ist) beschriebt. Diese Darstellung ist nicht nur streitbar, sondern auch höchst unschön, denn Sarrazins körperliche Auffälligkeiten resultieren aus einer Tumor-OP, die seine rechte Gesichtshälfte teilweise lähmte. Laut eigener Aussagen war dies der Autoren zum Zeitpunkt der Abfassung nicht bewusst gewesen, wofür sie sich öffentlich entschuldigte:

"[...] Meine Intention war zu keinem Zeitpunkt, ihn persönlich herabzusetzen. Thilo Sarrazin erscheint als Diskutant ungewöhnlich und erfordert aufgrund seiner Sprache, Gestik und Mimik Toleranz und Rücksichtnahme. Selbst verweigert er aber diese Rücksichtnahme und Toleranz hinsichtlich Erscheinungsbild, Lebensformen, Herkunft und Disposition Anderer. Mir ging es darum, auf seine eigenen – nicht körperlich bedingten – Unvollkommenheiten in seinem Auftritt hinzuweisen; wie ich jetzt finde, mit unzulässigen Mitteln. Wenn ich den physiologischen Hintergrund gekannt hätte, hätte ich das Bild nicht gewählt. Ich bedauere das sehr! [...]" (Hier geht's zur Quelle)

Die Wortwahl in Bezug auf Sarrazin ist wahrlich nicht schön und hätte besser niemals das Licht der Welt erblickt; aber man darf auch nicht vergessen mit welchem Hass und welcher Vehemenz der rechte Rand insbesondere gegen engagierte und teilhabende Minderheiten hetzt sobald sie sich in die Öffentlichkeit "wagen". PI beispielsweise tituliert Frau Kiyak mit folgenden Worten:

Was fällt dieser Kurdenschnecke eigentlich ein, deutsche Staatsbürger zu beleidigen.

Die Drecks-Türkenschlampe soll sich bloß aus Deutschland entfernen, sonst schlagen wir sie tot. Raus mit dem fremdvölkischen Ungeziefer aus Deutschland … (zitiert nach dem Schockwellenreiter, weil ich wirklich nicht auf PI verlinken will)

Von Seiten PIs wird wohl auch nie eine wie auch immer geartete Entschuldigung kommen. Und die Morddrohung ... naja, das war doch nur Spaß, die Beißen doch nicht. Die wollen nur Spielen.

Okay, mal alle Ironie und allen Sarkasmus bei Seite und Tacheles:

(1) Der Diskussionsstil und die Umschreibung von Thilo Sarrazin sind böse, gehen zu weit und gehören entschuldigt. Dies ist geschehen.

(2) Der Umstand der verbalen Entgleisung in einem erregten Moment -- ja, man kann auch Texte sehr erregt schreiben und wenn dann die Redaktion pennt und niemand den oder die Autorin auf ihren inhaltlichen Fehler hinweist, dann wird auch ein erregter Text gedruckt; ist ja nicht so, dass man ewig und drei Tage für einen Kommentar Zeit hätte -- rechtfertigt aber bei weitem keine Mordandrohung, keine sexistische Diffamierung oder menschenunwürdige Herabsetzung! Frau Kiyak hat sich in ihren Worten vergriffen, keine Frage, aber eine derartige Behandlung hat niemand verdient. Es ist eine Schade für die Menschheit, dass es immer noch Idioten gibt, die sich an sowas willkürlichem wie Herkunft, Nationalität oder Geschlecht festbeißen und daraus eine Hierarchie ableiten, an deren Spitze sie natürlich Weise selber stehen, womit alle anderen automatisch zu Untermenschen werden.

Hier also meine Meinung dazu:


  • Ich erkenne die Veranlagung des Menschen, Fehler zu machen, an und akzeptiere Entschuldigung;
  • ich erteile Rassismus und Nationalismus eine klare Absage; 
  • ich solidarisiere mich mit Frau Kiyak trotz ihrer streitbaren Aussagen, weil die Welle an Hass, die ihr nicht erst seit ihren streitbarem Zitat entgegen schlägt, keinem Menschen niemals mehr auf dieser Welt verschlingen sollte.


Für eine zivile, friedliche und gerechte Weltzivilgesellschaft! Wehret den Anfängen bevor die Welt erneut brennt.

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